Ruderwanderfahrt Lübeck 21. bis 24. August 2025
Marzipan, Franzbrötchen und Deutschland Achter auf der mystischen Wakenitz
Wenn man sich auf etwas verlassen kann, dann ist es auf die Verspätung der Deutschen Bahn. Dennoch standen wir 5.50 Uhr natürlich alle pünktlich am Bahngleis in Frankfurt. Schließlich war die Devise, die Zeit vor Ort maximal auszunutzen. Merlin an dem einen Kaffeestand, Anke, Carina und Isa an dem anderen, der Rest bestehend aus Angelika, Sandra, Katja, Patricia, Kathrin, Laura, Hendrik, Christoph, Dennis, Udo und Martin versuchte, die Augen offen zu halten. In Hamburg angekommen und noch etwas Zeit wurde als Alternativprogramm der Franzbrötchenstand auserkoren, um so viel wie möglich verschiedene Geschmacksrichtungen auszuprobieren. Etwas schwerer an Gewicht, kamen wir gg. Mittag in der Jugendherberge in Lübeck an. Das Programm blieb straff, 14 Uhr war Hand am Boot am Lübecker Ruderclub. Der Fußmarsch dahin wurde mit einem gemeinsamen Foto unter dem Holstein Tor, mit Flagge in der Hand, gekrönt. Merlin hatte selbstverständlich schon den ersten Marzipan Bruch ergattert, was uns auf dem Weg durchaus geholfen hat, das Zuckerlevel hochzuhalten.
Am Lübecker Ruderverein empfing uns Norbert, der sich über die gesamte Zeit so viel Mühe mit uns gegeben hat und immer parat war, wenn wir an bzw. ablegten. Zum Einstieg ging es erstmal, wie sollte es anders sein, die Trave Richtung Travemünde. Da die Zeit knapp wurde, sind wir bis zum alten Hafen in Gothmund gekommen. Nachdem der Industriehafen hinter uns lag, war die Landschaft genau, wie wir es erwarten würden – norddeutschen Schilflandschaften. Zurück sind wir durch die Altstadt, mit Blick auf die alten Lübecker Häuser, den Lübecker Dom und die wunderschöne Uferpromenade. Insgesamt 20,3 Kilometern – nicht schlecht, für den ersten Nachmittag. Aber es ging ja auch darum, Zeit verschwendet wird nicht. Unsere Jugendherberge lag sehr zentral zur Altstadt, was eine super Location war, allerdings waren die Räume und die Duschmöglichkeiten etwas beengt. Angelika, unsere Head of Organisation, hatte für jeden Abend richtige nette Restaurants rausgesucht. Unseren ersten Abend verbachten wir im Kartoffelkeller mit norddeutschen Krabben-Ofenkartoffel.
Der Freitag führte uns ins mystische Märchenland. Heute hatten wir einen anderen Startpunkt, vom Kanuverein Wakenitz. Mit unseren drei Booten sind wir zumeist halbe Kraft die Wakenitz entlang, ganz still, fast eins mit der Natur. Die Vögel und die Schwäne nahmen kaum Notiz von uns, kleine weiße Federn schwebten wie Flocken über die Wasseroberfläche. Die Uferseite backbord, war ehemaliges Speergebiet und daher ein unberührter Urwald. Eigentlich hätte es uns auch nicht verwundert, wenn ein mystisches Wesen über die Wasseroberfläche gehüpft wäre. Auch wir waren ganz ruhig und nur das Klicken der Skulls hat die Stille ein ganz klein wenig durchbrochen. Am Fährhaus Rothenhusen, direkt am Übergang von der Wakenitz zum Ratzeburger See, haben wir Mittagspicknick gemacht. Unsere Lunchpakete hatte wir morgens schon in der Jugendherberge gepackt. Das Kontrastprogramm folgte direkt, die geradeste Linie über den Ratzeburger See zu finden, denn das Wasser war unruhig bis wild und der Wind frisch. Die Meinungen waren differenziert, während sich ein Boot eher unter Land bewegte, suchten die anderen die Mittelinie, was macht schon so ein bisschen Wind (fast Sturmböen). Aber unerschrocken erreichten wir Ratzeburg und mussten nur noch den Durchgang zum Küchensee finden. Aber mit Hendrik und Kathrin an Bord, auch das kein Problem. Am Ratzeburger Ruderclub haben wir die Boote für die Nacht abgelegt. Eigentlich wollten wir uns noch als Komparsen für den Film „Adams Achter“ bewerben, der dort gerade gedreht wird, aber scheinbar waren diese Positionen schon vergeben. Aber die Deutschland Holz-Skulls von 1960 lagen da einfach so rum. Nach 30.6 km sind wir dann beim Ratzeburger Italiener eingekehrt.
Wer in den Morgenstunden aufsteht, trifft dann auch die Deutschland Elite auf dem Wasser an. Vor Ort in Ratzeburg trainierten die Deutschland Frauen. Und wir ließen es uns nicht nehmen, ein kleines Angeber Bild unter den Olympischen Ringen zu machen. Mit der sportlichen Prominenz so nah, wollten wir ordentlich und professionell ablegen und zumindest, bis in Sichtweite, vernünftig rudern. Dies gelang optimal… der Vierer mit Udo, Merlin, Isa, Carina und Patrizia war beim Ablegen halb drin, halb draußen. Merlin wurde panisch und wusste nicht, ob er noch schnell reinspringen soll oder mit Udo (auf der eins), der stoisch mit einem Bein im Boot und dem anderen an Land stand, draußen bleiben möchte. Henrik schüttelte leicht verzweifelt den Kopf und wünschte sich sicher, eine andere Mannschaft. Die Rückfahrt über den See war anspruchsvoll, trotz Sonnenschein, aber auch wirklich toll.
Das Fährenhaus war auch auf der Rückfahrt ein logischer Pausenpunkt. Am Samstag war es deutlich voller, viel Kanuten und auch ein Dampfer fuhr die doch recht schmale Wakenitz Richtung Lübeck. Nach kurzer Rücksprache mit dem Kapitän war uns klar, dass wir uns nicht in die Quere kommen und auf ging es. Mit Sonnenschein und deutlich mehr Wassersportlern wirkte die Wakenitz auf einmal ganz anders, weniger mystisch und dennoch sehr schön. Und trotz aller Wetter-Checks-Aps hörten wir es plötzlich donnern und eine dunkle Wetterfront kam von steuerbord. Aber bis auf ein paar Tropfen kamen wir nach 24,1 km unbeschadet in Lübeck an. Laura und Kathrin hatten einen internen Zählwettbewerb initiiert, wieviel Schwäne auf der Wakenitz gesichtet wurden – es waren 127 - unfassbar. Den Nachmittag konnte dann ENDLICH Marzipan in allen Lebenslagen konsumiert werden – Marzipanbruch, Marzipantorte, Marzipan Kaffee, Niederegger Shop usw. Alle waren glücklich. Abends waren wir afghanisch bei Jaweds Remise essen. Das hatte Angelika wieder großartig ausgesucht – das Essen war köstlich, die Leute unglaublich nett und die Atmosphäre einfach wunderbar. Ein wirklich schöner letzter Abend.
Der letzte Tag war wettermäßig nicht mehr ganz so schön. Wir mussten unser Gepäck mitnehmen und Patrizia hat sich ein Taxi mit allen Taschen zum Verein geteilt. Nach einer Runde durch und um die Altstadt, ging es die Trave in die andere Richtung entlang. Allerdings kamen wir etwas in Zeitschwierigkeiten und mussten auch einen Zahn zu legen. Das Anlegemanöver an der Wiese am Kanuverein war sportlich und die vielen Schlingpflanzen bremsten uns ab und an aus. Aber wir ruderten immerhin noch 26,6 km. Schnell geduscht, Gepäck ins Taxi, zu Fuß zum Bahnhof und auf ging es zurück nach Hause. Auch hier war Verlass auf die Verspätung des ICE nach Frankfurt, was wiederum zu vielen Franzbrötchen für die Rückfahrt führte.
Schön war’s – von Anfang bis Ende. Eine top Organisation durch Angelika und Kathrin unterstützt von Hendrik. Dazu eine Mannschaft, die sich von Wind, Wellen, Gewitterfronten und DB-Verspätungen nicht aus der Ruhe bringen ließ, sondern in jeder Situation das Beste machte – ob beim Franzbrötchen-Test am Bahnhof oder beim Marzipan-Marathon in Lübeck. Die Mischung aus Teamgeist, Gelassenheit und norddeutschem Charme machte diese Ruderwanderfahrt zu einer besonderen Erinnerung.